Frühförderung

Frühförderung bei Kindern mit Down-Syndrom

von Sylvia Mosler, Frühförderin, SHFI Graz
aus dem Sonderheft “Mittendrin” zur Down-Syndrom-Tagung 2006 in St.Virgil in Salzburg, herausgegeben von DSÖ, Institut Leben Lachen Lernen

Was macht die frühe Förderung bei Kindern mit Down-Syndrom aus? Generell kann man davon ausgehen, dass sich die Frühförderung bei Kindern mit Down-Syndrom, wie auch bei anderen Kindern, nach ihrer individuellen Entwicklung und ihren begleitenden Lebensumständen ausrichtet.

Im Hintergrund der heilpädagogischen Arbeit stehen dabei immer die Grundprinzipien der Frühförderung:

  • die Frühzeitigkeit
  • die Ganzheitlichkeit
  • die Familiennähe
  • die Interdisziplinarität

Ein besonderes Merkmal im Gegensatz zu anderen helfenden Systemen ist es aber, dass das Kind in seiner gewohnten Umgebung, in seiner Entwicklung gefördert wird, und die Eltern aktiv in den Förderprozess mit eingebunden werden. Das heißt, eine sensible Auseinandersetzung und Begleitung der Eltern und ihres Kindes auf ihrem gemeinsamen Weg. Dadurch sollen Eltern in ihrem Bewältigungsprozess unterstützt und das Kind in seinen Fähigkeiten gestärkt werden, sodass sich beide Teile zu selbständigen Partnern entwickeln können.

Die Geburt und damit der Anfang der Elternrolle stellt für viele ein Abenteuer dar, auf das man sich aufgrund der stark variierenden Aufgaben nur schwer in seiner gesamten Dimension vorbereiten kann. Manche Eltern sind vielleicht nach der Geburt von ihren Gefühlen hin- und hergerissen: einerseits das Gefühl des Überwältigt-Seins von dem Wunder, ein Kind auf die Welt gebracht zu haben und andererseits mit der Diagnose Down-Syndrom konfrontiert zu werden, die so viel Unsicherheit, vielleicht auch Traurigkeit mit sich bringt und viele Fragen eröffnet. Diese Umstände machen es den Eltern oftmals schwer, in dieser belastenden Situation eine positive Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen und sich ein wertfreies Bild von ihrem Kind zu machen. Dieses Bild kann aber entscheidend dafür sein, wie ich mit meinem Kind in Beziehung trete. In dieser Zeit sind die Eltern mit vielen Meinungen, Gedanken und Vorurteilen konfrontiert, die die Gestaltung des Bildes bewusst oder unbewusst beeinflussen. Vielleicht sehe ich mein Kind in dieser Situation als “fehlerhaftes Wesen”, das “therapiert” werden muss, oder ich sehe mein Kind nur so, wie es von der Literatur beschrieben wird, usw.

Durch eine sensible und geduldige Auseinandersetzung soll es den Eltern gelingen, ein eigenes Bild von ihrem Kind, mit all den Fähigkeiten und Einzigartigkeiten zu schaffen. Je mehr sie sich von vorgefassten Meinungen lösen können, desto besser wird es ihnen gelingen, sich auf die wahren Bedürfnisse ihres Kindes einzulassen und damit Entwicklung zu ermöglichen. Dies erleichtert auch die Zusammenarbeit und gemeinsame, konstruktive Ziele können erarbeitet werden.

Ausgehend von der Annahe, dass der Mensch in den ersten Jahren hauptsächlich über Bewegung seine Umwelt wahrnimmt, versucht man in der Frühförderung das Kind zu selbständigem, neugierigem Bewegen und Handeln zu motivieren (oft in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen), damit es verschiedene Erfahrungen mit seiner Umwelt machen kann und dadurch lernt.

Ein wichtiges Instrument stellt dabei das Finden von geeignetem, animierendem Material dar, wodurch das Kind in seiner Motorik, in seiner Wahrnehmung, in seiner Kognition und in seinen sozialen Prozessen angeregt werden soll. Durch die Anregung dieser Bereiche, die sich allesamt wechselseitig beeinflussen, wird es dem Kind ermöglicht, sich unterschiedlich und variationsreich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen.

Bei der  Auswahl des Materials ist es notwendig, kreativ zu sein und sich darauf einzulassen, welche Angebote das Kind in seiner jeweiligen Entwicklungsphase benötigt. Entscheidend dabei ist auch, dass die emotionale Auseinandersetzung in jeder Handlung berücksichtigt wird. Gerade bei Kindern mit Down-Syndrom stellen Emotionen einen großen Motivationsfaktor beim Lernen dar.

Generell ist es förderlich, einen Raum der Geborgenheit, Freude und Akzeptanz zu schaffen und dem Kind die notwendige Zeit zu lassen, Bewegungen und Handlungen zu erproben. In der Frühförderung wird es animiert, sich intensiv mit Dingen auseinanderzusetzen. Dabei wiederholt es scheinbar einzelne Handlungen immer wieder und wieder. Auch wenn wir Erwachsene diese Wiederholungen oftmals als sinnlos bewerten, so sammelt das Kind äußerst sinnvolle Erfahrungen durch dieses für uns gleichförmig wirkende Handeln.

Kinder lernen in wiederholenden “Spielsequenzen” u.a. sich selbst und damit den eigenen Körper kennen, sich mitzuteilen, etwas zu produzieren, sich auszudrücken und bilden somit wesentliche Voraussetzungen für die weitere Entwicklung.

Interessante Links zum Thema Frühförderung:

>> Frühförderprogramm Kleine Schritte